KZ-Lager am Kaiserhof

Robert Kauffeld

Das KZ-Lager im Saal des Kaiserhofes

und

Stollen unter dem Denkmal

Beiderseits der Weser wurden während des Krieges bereits vorhandenen Stollen erweitert und ausgebaut, um dort Produktionsstätten für Waffen und kriegswichtige Erzeugnisse einzurichten. Sie trugen Tarnbezeichnungen wie “Dachs I” im Jakobsberg in Höhe des Bahnhofs, “Stör I” im Jakobsberg in der Nähe der Gaststätte, die im Volksmund Pinselburg genannt wurde, oder “Stör II” im Wiehengebirge unterhalb des Denkmals.

Zum Ausbau der Anlagen wurden KZ-Häftlinge eingesetzt, die insbesondere im Saal des Hotels Kaiserhof in Barkhausen untergebracht waren und eine unbeschreibliche Leidenszeit unter dem Leiter SS-Obersturmführer Hermann Wicklein, dem SS- Rottenführer Hermann Nau und dem berüchtigten Kapo “Schorsch” Georg Knögel, der selbst Häftling war, erleben mussten.

Aus eigenem Erleben:

Der Stollen unterhalb des Denkmals war oft ein Abenteuerspielplatz für die Barkhauser Jungen. Im Mai 1944 wurde das Gebiet plötzlich abgesperrt und man erfuhr, dass hier gearbeitet wurde, dass alles aber ein Geheimnis sei. Wir Jungen schlichen uns von oben an die Felsenkante heran und konnten beobachten, dass dort Männer in gestreifter Kleidung unter Aufsicht von Soldaten arbeiteten, sahen dann auch, dass der Saal des Kaiserhofes mit Stacheldraht umzäunt war und ebenfalls bewacht wurde.

Im Saal des Kaiserhofes wurde eine Außenstelle des KZ Neuengamme eingerichtet. Die Wachmannschaft war in einer Baracke in der Freilichtbühne untergebracht. Die SS hatte ihre Verwaltung im Kaiserhof und im Gebäude an der Portastraße schräg gegenüber, in dem später das Café Harb und verschiedene andere Cafés und Bäckerläden und eine Eisdiele betrieben wurden.

Im Saal des Kaiserhofes wurden zeitweise bis zu 1.600 Personen untergebracht, die in mehrstöckigen Betten, nicht immer mit Strohsack, schlafen mussten.

Die Barkhauser Bürger konnten regelmäßig Kolonnen der KZ-Häftlinge, die im Jakobsberg arbeiteten, beim Marsch über die Kettenbrücke beobachten. In der Hitlerjugend hat man natürlich über diese Häftlinge gesprochen und erklärt, dass sie Verbrecher und Volksschädlinge wären. Welche Verbrechen man ihnen vorgeworfen hat, das war an einem farbigen Dreieck, das sie neben einer Nummer auf ihrer gestreiften Sträflingskleidung trugen, zu erkennen.

Man hat die Häftlinge, von denen manche offenbar unterernährt waren, gesehen. Man konnte die Transporte der Leichen zum Barkhauser Friedhof beobachten und sehen, wie die Zahl der Gräber zunahm, ohne damals schon zu wissen, dass manchmal mehrere Tote in einer „Kiste“ lagen. Misshandlungen, zumindest schwere, waren in der Öffentlichkeit kaum zu beobachten. Das geschah, wie man erst später erfuhr, im Saal des Kaiserhofes und in den Stollen. „HIC MORTUI VIVUNT“  –  hier leben die Toten, so wurden neue Häftlinge schon bei ihrer Ankunft auf das hingewiesen, was sie hier zu erwarten hatten.

Mehrmals sind Häftlinge ausgebrochen, wurden gefasst und im Kaiserhof hingerichtet. Eine besondere Rolle spielte dabei der der berüchtigte Kapo „Schorsch”  Georg Knögl, der für seine Brutalität bekannt und für Hinrichtungen zuständig war. Man kannte ihn im Dorf ebenso wie den Lagerleiter Hauptsturmführer Hermann Wicklein, der später untergetaucht ist, und den SS-Rottenführer Hermann Nau. Knögl und Nau wurden später wegen ihrer Vergehen von den Besatzern hingerichtet. Die Häftlinge wurden kurz vor Kriegsende abtransportiert, haben also die Befreiung nicht mehr in Porta erlebt.

Über ihre Leiden erfuhr man schließlich erst später durch Berichte und Bücher, wie die von Pierre Bleton und Jørgen Kieler.

„Das Leben ist schön”, so der Titel das Buches, in dem der Franzose Pierre Bleton beschreibt, wie er es verstanden hat, geschickt alle Möglichkeiten auszunutzen, sich immer wieder kleine Vorteile zu verschaffen, um sein Leiden in Grenzen zu halten, wie er sich sogar beim Gang über die Kettenbrücke am Anblick in der Weser badender hübscher Mädchen erfreuen konnte und die Hoffnung auf ein schönes Leben nicht aufgegeben hat.

„Resistance Fighter“ ist ein in englischer Sprache verfasstes Buch des dänischen Widerstandskämpfers Jørgen Kieler, das ins Deutsche übersetzt wurde. Auf mehr als 40 Seiten beschreibt Kieler sehr eindrucksvoll seine Leidenszeit im Kaiserhof und bei der Arbeit in den Stollen. Erschütternd seine Darstellung, wie er im Höhepunkt seines Leidens nicht mehr in der Lage war, die Bilder seiner Eltern vor seinem geistigen Auge zu sehen.

Die Häftlinge, die die unbeschreiblichen Qualen nicht überlebt haben, wurden auf dem Barkhauser Friedhof beigesetzt. Obwohl zahlreiche von ihnen in ihre Heimat überführt wurden, zeugen noch 73 Gräber von ihren Leiden.

Von März 1944 bis März 1945 gab es im Kaiserhof-Hotel in Porta Westfalica die Außenstelle eines Konzentrationslagers. Jeden Tag marschierten die Häftlinge vom Hotel aus durch Barkhausen über die Weser in einen Bergwerksstollen, um dort schwere Arbeit zu verrichten. Viele Menschen kamen zu Tode. Robert Kauffeld berichtete im WDR-Fernsehen als Zeitzeuge darüber, wie er das Geschehen damals erlebt hat, ebenso wie die Menschen um ihn herum. Er zeigt die historischen Orte in einer spannenden Zeitreise…

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Sehr zu empfehlen ist der Besuch der Internetseite der KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica  e.V. Hier findet man umfangreiche Informationen zur Geschichte der Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme und zur Arbeit des Vereins.