Namensgebung
Fritz W. Franzmeyer
Namensgebung
Für alte Barkhauser und Hausberger war sie schon sprichwörtlich, die Rivalität zwischen hüben und drüben. Sie grenzte nachgerade an Erzfeindschaft, und bis Kriegsende kam es unter Jugendlichen nicht selten zu regelrechten Verfolgungsjagden über die Kettenbrücke. Selbst die Ortspolitiker wischten sich gegenseitig eins aus, wo sie nur konnten. Natürlich in zivilisierteren Formen. Dafür liefern die zwanziger Jahre ein schon an absurdes Theater erinnerndes Beispiel.
Barkhauser Unternehmen fanden die Lage an Weserdurchbruch und Denkmal recht werbewirksam und veranlassten im November 1925 die Gemeindevertretung, beim Regierungspräsidenten zu beantragen, dass dem Ortsnamen „Barkhausen” der Zusatz „Porta” als offizieller Bestandteil vorgeschaltet werden dürfe. Also „Porta-Barkhausen”. Auch das Amt Dützen wurde eingeschaltet; Amtmann Haddenhorst war von dem Antrag begeistert und unterstützte ihn. Doch dann bekam Hausberge Wind davon – und stellte prompt ebenfalls einen Antrag. Aber nicht auf „Porta-Hausberge”, sondern auf „Hausberge an der Porta”. Denn man war weit davon entfernt zu glauben, den „historischen Ortsnamen” hintansetzen zu dürfen. Auch diesen Antrag nahm die Regierung wohlwollend auf. Doch leider schlossen sich in deren Amtsstuben die beiden Anträge gegenseitig aus. Sie befand: Entweder beide Orte mit „Porta”-Vorsatz oder mit „An-der-Porta”-Anhang. Wo kämen wir hin, wenn in deutschen Landen ein Chaos der Ortsbezeichnungen einreißen würde.
Nun entspann sich ein verbissener Krieg unter Bürokraten und Politikern, in den selbst die akademischen Ortseliten hineingezogen wurden. Auf Barkhauser Seite erstellte Schulrektor und Leiter der Heimatspiele Dr. Heinrich Hollo ein „Gutachten”, in dem vom Gewohnheitsrecht über die millimetergenauen Ortslagen im Verhältnis zum Bergeinschnitt bis hin zum allgemeinen Sprachgebrauch so ziemlich alles aufgefahren wurde, was als Argument zur Begründung des Barkhauser Anspruchs herhalten konnte. Alles vergebens. Über ein Jahr zog sich der Streit hin und landete schließlich beim preußischen Innenministerium in Berlin. Das entschied abschließend: „an der Porta”. Barkhausen tat sich schwer, selbst diese höchste Entscheidung zu akzeptieren. Doch es blieb dabei.
Triumph also für Hausberge. Bis 1973. Da stand „Porta” nun endlich doch vorne. Späte Genugtuung für Barkhausen. Leider blieben beide angestammten Ortsnamen dabei auf der Strecke. Wie hätte man in der Medizin gesagt?: Operation gelungen, Patient tot.