Glück und Pech
Fritz W. Franzmeyer
Glück und Pech
In den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit war es oft schwer, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.
Manches war nur in den Begriffen „Glück“ oder „Pech“ zu fassen. In den 30er-Jahren hatten die Barkhauser Karl Knaust und Carl Peetz ein gemeinsames Transportgeschäft mit einem Reisebus gegründet. Bald darauf kaufte Knaust in alleiniger Regie drei
weitere Busse hinzu. Aus der florierenden Vierer-Flotte beschlagnahmten die Nazis 1939 zwei prachtvolle Exemplare für die Wehrmacht; ein drittes – Pech gehabt. Doch die zwei anderen, dann nur noch das übrig gebliebene gemeinsame, durften fortan im Auftrag der Reichspost fahren. Die übernahm als Fahrer auch gleich Carl Peetz, der, anders als sein Kompagnon, deshalb nicht zum Wehrdienst eingezogen wurde – Glück gehabt. Als die Alliierten eingerückt, die Kampfhandlungen beendet, die Zwangsarbeiter und ausländischen Kriegsgefangenen befreit waren, freuten sich Knaust und Peetz darauf, dass sie wohl bald wieder gute Friedensgeschäfte machen würden. Da stahlen befreite Franzosen auch den letzten Bus, um damit zurück nach Frankreich zu fahren – Pech gehabt. Natürlich war das Unrecht, doch den beiden Unternehmern nutzte dies wenig. Da der Diebstahl kurz vor Kriegsende geschah, galt noch das NS-Recht und nicht bereits das neue Besatzungsrecht. So wurde jeder Entschädigungsanspruch zurückgewiesen – Pech gehabt.
Anfang der 50er-Jahre fuhren die Knausts nach Assmannshausen am Rhein, um eine Drahtseilbahn zu besichtigen. Eine ähnliche Anlage plante Karl Knaust für die Porta. Da trauten sie ihren Augen nicht. Am Straßenrand parkte der gestohlene Bus, das alte Firmenemblem „Knaust & Peetz“ nur notdürftig übermalt – Glück gehabt. Doch dann erkannten sie den schrottreifen Zustand des Fahrzeugs und erwogen die Schwierigkeiten der Rückübertragung – also Glück hin, Pech her: Schwamm drüber.
Die Familie Peetz wanderte bald nach dem Kriege nach Kalifornien aus. Das Foto wurde mir von Carl Wolfram Peetz, dem Sohn von Carl Peetz, zur Verfügung gestellt. Die persönlichen Kontakte Wolframs und seiner Schwester Gertrud zu dem Kindheitsfreund aus der alten Heimat sind erhalten geblieben.
Die Geschichte des Busses wurde mir von Friedel Knaust, einem Sohn von Karl Knaust, erzählt.