Gebietsreform

Fritz W. Franzmeyer

Gebietsreform

Im September 1972 verabschiedete der Nordrhein-Westfälische Landtag das „Bielefeld-Gesetz“ zur Neugliederung der Kreise und Gemeinden in unserem Raum. Vorausgegangen war seit 1966, nach Maßgabe der verschiedenen formalen Verfahrensschritte, eine heftige Diskussion. Auf der Ebene der Städte und Gemeinden – nur sie interessiert hier – hatte die Regierungsvorlage von 1971 die Zuordnung Barkhausens zu Minden vorgesehen. Dies entsprach der Interessenlage Mindens. Doch selbst die Androhung einer Verfassungsbeschwerde konnte nicht verhindern, dass sich die deckungsgleichen Interessen der politischen Führung von Hausberge und Barkhausen durchsetzten. So wurde Barkhausen, allerdings ohne den Ortsteil Zollern, der neu zu bildenden Stadt Porta Westfalica zugeschlagen. Dafür sprachen mehrere Gründe. Einmal sollte die Einbindung des relativ wohlhabenden Barkhausen in die neue Stadt verhindern, dass die Region in reiche Städte und „Armenhäuser“ zerfiel. Den Ausschlag gaben aber Überlegungen zum Fremdenverkehr. Hauptprotagonist war der Hausberger Bürgermeister Dr. Hermann Frohwitter (FDP) mit seinem mächtigen Ortsverband. Aber auch sein Barkhauser Parteifreund und Bürgermeister Dießelhorst wollte, dass Kaiser Wilhelm ein Portaner blieb. Dabei hatte Dießelhorst keineswegs die Barkhauser Mehrheit hinter sich. Vielmehr befürworteten nach einer – allerdings privaten – statistischen Erhebung nicht weniger als vier Fünftel von ihnen die Zuordnung zu Minden. Ein Argument auf Seiten der politischen Führung Barkhausens war, dass „der Selbstverwaltungsgrundsatz in kleinen Flächengemeinden besser verwirklicht“ wird. 
Das Aufeinanderprallen der Interessen wirkte bis in den Landtag hinein und spiegelt sich in der Dramatik, mit der das Gesetz in der entscheidenden Lesung durchgebracht wurde. Die Zuordnung Barkhausens wurde erst in der vierten Abstimmungsrunde entschieden, und zwar durch „Hammelsprung“, bei dem jeder Abgeordnete für jedermann sichtbar ein „Ja“-, ein „Nein“- oder ein „Enthaltungs“-Tor zu durchschreiten hat. Das Ergebnis war äußerst knapp: 100 zu 96 für Porta Westfalica. Dabei kam es zu einem ungewöhnlichen Schulterschluss. Die FDP als Düsseldorfer Koalitionspartnerin der SPD stimmte mit der CDU gegen die den Mindener Wünschen willfährige SPD. Dafür „rächten“ sich dann einige SPD-Abgeordnete, indem sie in Sachen Kreisreform mit der CDU gegen die FDP für einen Großkreis Minden-Ravensberg votierten (der aber bekanntlich nicht zustande gekommen ist).

Die Zuordnung Barkhausens zu Hausberge oder Minden war lange Zeit sehr umstritten. Das beweisen nachstehende Auszüge von Leserbriefen und Stellungnahmen aus dem Mindener Tageblatt:

Wichtigster Punkt, der für eine Verknüpfung der Gemeinden des Amtes Hausberge und der Gemeinden Barkhausen und Häverstädt spreche, sei die Schaffung eines geschlossenen Fremdenverkehrsgebietes, so wie es auch schon im Landesentwicklungsprogramm enthalten ist. „Wenn beide Seiten der Porta vereint und der Fremdenverkehr entsprechend koordiniert werden kann, ist mit Sicherheit damit zu rechnen, dass dann eine weitere intensive Belebung des Fremdenverkehrs sowohl für Hausberge als für Barkhausen eintreten wird.”  

“Die Zuordnung von Barkhausen zu der neuen Stadt Porta Westfalica stellt sich nicht als gleichberechtigte Alternativlösung dar, da sie mit Gründen des öffentlichen Wohls nicht vereinbar ist, sondern eine zwangsweise Umorientierung aller bestehenden Beziehungen ohne sachlichen Grund zur Folge hätte.” Das ist die eine Aussage des gestern von Bürgermeister Rathert vorgelegten Gutachtens von Privatdozent Dr. Hoppe [Münster) zur Frage der Zuordnung der Gemeinde Barkhausen im Rahmen der kommunalen Neugliederung des Kreises Minden. Der andere Schwerpunkt des Gutachtens ist in folgender Aussage des Verfassungs- und Gebietsreformexperten Dr. Hoppe enthalten: „Eine gesetzliche Zuordnung von Teilen der Gemeinde Barkhausen zu der neuen Gemeinde Porta Westfalica ist verfassungswidrig. Sie ist durch Gründe des öffentlichen Wohls nicht gerechtfertigt und ungeeignet, die Ziele der kommunalen Gebietsreform zu verwirklichen.”  

Es gibt nur eine Möglichkeit, wenn Sie das Beste für Barkhausen wollen: Das Zusammengehen mit der schnell wachsenden Stadt Minden, die als zentraler Ort 1. Ordnung anerkannt ist und gefördert wird. Barkhausen hat nur eine Chance für eine blühende Zukunft, nämlich als Stadtteil Minden-Porta, als unmittelbares, natürliches Erholungs- und Fremdenverkehrsgebiet der Stadt Minden.