Buick

Fritz W. Franzmeyer

Frühe Fahrt im Buick

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann für uns Kinder eine wilde Zeit. Auch die Fäuste saßen reichlich locker. Einmal prügele ich mich in der Parkstraße, deren hinteren Teil die Amis requiriert haben, mit Otto Althoff und werfe ihm obendrein eine kaputte Fahrradfelge hinterdrein. 

Nun hat sich aber Otto hinter einem gewaltigen Buick versteckt. Es scheppert nicht schlecht, als die Felge von der Motorhaube gegen die Windschutzscheibe hüpft. Voller unguter Ahnungen nehme ich die Beine in die Hand und renne die Fährstraße hoch. „Hands up!“ tönt eine raue Stimme hinter mir. Ich sehe mir im Laufe über die Schulter – und in die Mündung einer angeschlagenen MP. Der Anblick nagelt mich augenblicks fest. Nun kommt der uniformierte Buicklenker, packt mich am Genick und führt mich zurück zum Wagen, in welchen ich von einer unheimlich streng aussehenden Frau in blauer Uniform und mit einer Menge Kordeln an der Jacke hineingestoßen werde.
Mit quietschenden Reifen sausen wir an den anderen Kindern vorbei die Fährstraße hoch. Habe ich richtig gesehen? Haben die nicht alle furchtbar schadenfroh gegrinst? So, als ob ich nicht soeben zum elektrischen Stuhl befördert würde? Nun biegt der Buick in gefährlicher Schräglage in die Portastraße ein. Plötzlich ein scharfes Bremsen. Der Fahrer flitzt um das lange Wagenheck, reißt die hintere Tür auf und mich heraus. Da steht schon die gestrenge Offiziersdame, holt weit aus und, peng, peng, kriege ich links und rechts ein paar um die Ohren, dass mein Kopf nur so fliegt. Ehe ich mich recht berappeln kann, saust der Wagen schon weiter.
Kleinlaut mache ich mich auf den Weg zurück. Die andern stehen alle noch da. Ihr Grinsen hat sich zum lauthalsigen Lachen gesteigert. „Ihr bloody-fucking bastards“, brülle ich, „habt ihr denn überhaupt kein Gefühl im Leibe?“ Doch schließlich bleibt mir nichts übrig, als mitzulachen – als ich nämlich höre, dass die gestrenge Buick-Frau den andern zugeblinzelt hat, als sie mich in den Wagen stieß.