Liebeskummer

Robert Kauffeld

Der kalte Liebeskummer

Anfang der 50-er Jahre. In Deutschland war die Wirtschaft erblüht und in Alfred die Liebe. Doch während die Knospen der Wirtschaft sich zur vollen Blüte öffneten und später Früchte trugen, reichte es bei Alfred nicht einmal zur Notreife. Die Angebetete hatte nicht die Tiefe seiner Gefühle erkannt, war nicht von der sportliche Erscheinung eines drahtigen Barkhauser Jungen fasziniert oder hatte wohl ganz einfach einen andern kennen gelernt.
Alfred wollte der schnöden Welt ade sagen, einfach die irdische Hülle entschlossen abstreifen und einem glücklicheren Nirwana entgegenstreben. 

Allerdings konnte man dabei ja dem Schicksal und damit der Angebeteten noch eine kleine Chance geben. So stand Alfred wohl am „Großen Kurfürsten“ mit Blick zur Weser und zum Wilhelm. Hinter ihm die Eisenbahn – todsicher, doch zu endgültig. Vor ihm die Weser – das kannte man von Christina Söderbaum, der „Reichswasserleiche“ aus NS-Filmen. Wenn schon, dann aber mit Stil, also nicht zu Fuß. Rein ins Auto, Gas geben – und schon stand das Auto bis zum Dach in der Weser, und Alfred wird mit dem steigenden Wasserpegel das nahende Ende gefühlt haben. Ob, wie nach vergleichbaren Ereignissen berichtet wird, auch bei ihm noch einmal das Leben wie ein Film vor den Augen abgelaufen ist, war nicht zu erfahren. Nachhaltiger Eindruck bei ihm dürfte aber gewesen sein, dass sterben in der Weser im Januar verdammt kalt und ohne Atemluft auch höchst unangenehm ist.
Tür auf und rauf aufs Dach. Und da saß er nun – lange Zeit. Ratlos zunächst auch die Polizei „dein Freund und Helfer“. Mit Lebenserfahrung gesegnete Beamte fachsimpelten dann mit Alfred über Frauen, über die Zukunft und den Wert des Lebens überhaupt. Und als alle Psychologie nichts nützte, zeigten sich die Praktiker. Günter, der Polizeimeister, stieg in die Weser, „zimmerte“ dem sich wehrenden Alfred einen und zog ihn an Land. Alfred war gerettet, Günter bekam dienstfrei, „zimmerte“ sich auch einen, allerdings auf Pils-Ebene, und dabei durfte ich ihm helfen So wurden alle glücklich. Wie sang man doch damals: „Liebeskummer lohnt sich nicht my Darling….“