Karl Kauffeld
Robert Kauffeld
Karl Kauffeld
(1877-1965)
Vogelzüchter und Tierpräparator
Viele Glasmacher hatten ein Hobby, sie züchteten Kanarienvögel, so auch mein Großvater Karl Kauffeld. Auf dem Dachboden seines Hauses an der Portastraße waren mehrere Bereiche abgeteilt und zu Käfigen umgestaltet worden. Die Wände und die Bretter unter den Dachpfannen hatten mit dem „Wittchequast“ einen Kalkanstrich erhalten. Das sah schön hell aus und hielt Milben fern.
Nistkästen fertigte Opa in Handarbeit. Trinkflaschen für Vögel haben die Glasmacher selbst mit der Pfeife am Ofen geblasen. Auch Futter- und Wassergläser stellten sie her.
Selbst kleine Vogelbauer und auch größere zum Transport haben die Züchter in Handarbeit gefertigt: Sie fertigten aus Holzstäben das Gehäuse. Die Stäbe wurden in gleichen Abständen durchbohrt und dann mit zugeschnittenen Drahtenden oder auch Fahrradspeichen bestückt.
Neben der „Hecke“ auf dem Boden hielt man natürlich noch einen Kanarienvogel in einem kleinen Käfig in der Wohnung. Das musste ein Hahn sein, weil der singen konnte und auch schöner aussah als das Weibchen.
Gezüchtet wurden gewöhnlich die einfarbig gelben Kanarien. In den großen Käfigen hingen mehrere kleine Nistkästen. Nistmaterial, wie „Scharpie“, kleine weiße Fäden, wurde bereitgelegt. Wenn dann das Weibchen innerhalb einer Woche vier bis fünf Eier gelegt und vierzehn Tage gebrütet hatte, schlüpften die nackten blinden Jungen. Jetzt stellte man ein Spezialfutter bereit: Zerhackte, hart gekochte Eier, vermischt mit zerbröseltem Zwieback. Und schon nach weiteren drei Wochen wurden die Jungen flügge.
Um besonders bunte Vögel zu züchten, versuchte man auch Kreuzungen mit Stieglitzen. Diese farbenprächtigen, auch Distelfink genannten Vögel besuchen in Schwärmen die Disteln, wo sie mit Leimruten gefangen wurden. Grundlage für die Leimherstellung waren die weißen Beeren der Mistel. Die Kanarienzüchter haben sich schon früh in einem Verein zusammengeschlossen, dem Kanarienzucht- und Vogelschutzverein Porta, der zunächst in Neesen das Vereinslokal hatte. Glasmacher Karl Kauffeld wurde 1934 mit einer Urkunde ausgezeichnet, weil er schon 25 Jahre Schriftführer des Vereins war, also bestand der Verein bereits mindestens im Jahre 1909. Bei aller Liebe zum Tier verfolgten die Glasmacher auch das Ziel, mit ihren Vögeln Geld zu verdienen. Mein Großvater züchtete bis zu 200 Kanarienvögel im Jahr und verkaufte sie zu Spitzenpreisen von 15 Mark für einen Hahn und 4,50 Mark für ein Weibchen. Bei der großen Anzahl der zu verkaufenden Vögel holte der Verein Angebote verschiedener Händler ein. Neben einem Händler aus dem Harz war es die Firma Wilhelm Kaese aus Brackwede, die oftmals den Zuschlag bekam und auch das Futter lieferte.
Wie aus einer alten Preisliste hervorgeht, gab es mandschurischen Hanfsamen, Kanariensaat aus Marokko, Vogelrübsen, Hirse, aber auch indischen „Negersamen – tiefschwarz, doppelt gereinigt“.
Der Verein hat sich auch um den Vogelschutz bemüht. In freier Natur wurden Nistkästen aufgehängt, und im Winter fütterte man die Vögel. Allerdings war die Beziehung zu den Vögeln noch etwas anders als heute. Das zeigen zwei Bücher aus dieser Zeit mit den Titeln „Nützliche Vögel“ und „Schädliche Vögel“.
Karl Kauffeld konnte auch tote Vögel und Tiere präparieren, „ausstopfen“, wie man sagte. Viele Jäger brachten ihre geschossenen Tiere zu ihm, damit sie zu Trophäen wurden und bestaunt werden konnten.
Die Tiere wurden von allen Innereien befreit. Die Hohlräume wurden mit zugeschnittenen Torfstücken ausgefüllt. Zum Schutz gegen Maden wurden die Häute innen mit Arsenik bestrichen. Ein Draht, der durch die Beine gezogen und in den Torfkörper gesteckt wurde, sorgte für die richtige Haltung. Für jede Tierart gab es spezielle Glasaugen. Die waren nicht billig. Manchmal tat es auch ein Tropfen Glas an einem kurzen Drahtende. Man war ja Glasmacher. Eine „Praktische Anweisung aus dem Jahre 1896 beschreibt ausführlich, wie Tiere präpariert werden können.
So hingen auch an den Wänden im eigenen Hause präparierte Tiere, wie Dompfaff und Stieglitz, Mäusebussard, Specht und Eichhörnchen, und eine Rarität, ein weißer Star.