Das alte Försterhaus
Robert Kauffeld
Das alte Försterhaus
Der Weg führt vom Parkplatz am Kaiserhof oberhalb der alten B 61 bequem und ohne Steigungen parallel der Waldgrenze Richtung Gut Wedigenstein. Tannenweg hieß er früher im vorderen Teil, doch die Tannen wurden längst gefällt. Heute sind überwiegend hohe schlanke Buchen, aber auch Eichen, Eschen und einige wilde Kirschbäume zu sehen. Nach etwa zehn Minuten erreicht man die Stelle, an der sich dieser Weg mit dem vom früheren B 61 kommenden Königsweg vereinigt, der angelegt wurde, als König Friedrich Wilhelm IV im Jahre 1842 die Margarethenklus besuchte.
Hier stand rechts des Weges einmal ein altes Försterhaus. Man muss schon genau hinsehen, wenn man die letzten Mauerreste entdecken will, die längst vom Grün des Waldes überwuchert wurden. Nach einer alten Bauzeichnung kann man die Stelle genau lokalisieren.
Die Dunggrube ist beinahe vollständig erhalten. Ältere Barkhauser werden sich noch erinnern, dass links des Weges die große „Försterwiese“ lag, die später landwirtschaftlich genutzt wurde und heute bewaldet ist. Der große Nussbaum neben dem Forsthaus und die zwei Esskastanienbäume standen noch während der Kriegszeit dort und wurden oft zur Reifezeit der Früchte besucht.
Fritz Franzmeyer beschreibt in seiner Chronik „Die Porta links der Weser“, dass das Forsthaus „Wittekindstein“, wie es damals bezeichnet wurde, bereits 1864 in Urkunden genannt wurde, als man dort in der Nähe „nackt im Laube versteckt ein Neugeborenes tot aufgefunden habe“. Das Forsthaus sei 1908 abgebrannt, der Förster Battermann ins Dorf gezogen und später nach Amerika ausgewandert.
Die bekannte Künstlerin und Schriftstellerin Ida Caroline Ströver, nach der später eine Waldstraße hinter dem Gut Wedigenstein benannt wurde – sie führt zum kleinen Gutsfriedhof hinauf, auf dem auch Ida Ströver selbst noch begraben wurde –, ist hier als Tochter des Gutsbesitzers am 16. September 1872 geboren worden und hat ihre Kindheit auf dem Gut verbracht. In ihrem Buch „Die Goldene Pforte“ beschreibt sie eindrucksvoll und anschaulich diese Zeit, in der sie sich offenbar mit den Kindern des Försters anfreundete und ihre Erlebnisse so schildert:
„Die Försterkinder aber, welche ein Viertelstündchen entfernt am Walde in einem traulichen, niedersächsischen Fachwerkhause wohnten und zu denen ich ab und an durch den Forst hinüberlief, teilten und verstanden meine Freuden und Leiden. Die zwei kleineren Gespielinnen waren stiller und mädchenhafter vom Gebaren als ich. Mariechen besonders, die jüngere von beiden, war zart und mimosenhaft und nicht weniger als ein derbes Landkind. Sie war leidend, musste behutsam behandelt werden und strahlte jene harmonische Klarheit aus, die früh im Tode sich Vollendende wohl haben können“. Und die burschikose, etwas wilde und robuste Ströver schien doch an übernatürliche Kräfte und Geschicke zu glauben, denn Mariechen erschien ihr als Zauberwesen, das „die Gabe besaß, kommende Ereignisse vorauszusehen“. Als Mariechen ihr erzählt hatte, sich selbst in einem goldenen Sarge liegend gesehen zu haben, sei sie auch bald an Diphtheritis gestorben. Und so beschreibt Ida Ströver, wie sie den Sarg bei der Beerdigung gesehen habe: „Es hatte geregnet, die Abendsonne brach durch, und wunderbar wie nun das Licht auf diesen fiel, funkelte er auf wie rotes gleißendes Gold“. Der Glaube an Wunder und unerklärliche Ereignisse war zu dieser Zeit auch bei fortschrittlichen und gebildeten Leuten immer noch gegenwärtig.
Das Forsthaus brannte ab und ist nur noch auf uralten Landkarten verzeichnet. Der Wanderer wird vielleicht ein wenig verweilen und die letzten Reste der Zeugnisse einer vergangenen Zeit betrachten, dann aber seinen Weg fortsetzen, vielleicht zum Gut Wedigenstein oder auf dem sehr schönen Königsweg bis zur Margarethenklus und zur Wittekindsburg.